Unglaubliche 48 Jahre lang – mehr als sein halbes Leben – war Nasser Djafari aus Oberursel Vorsitzender des VzF Taunus. Bei der aktuellen Vorstandswahl am 14. Februar hat er nicht mehr kandidiert. Um sich für sein außerordentliches Engagement zu bedanken, hat der VzF Taunus mit Djafari und mehr als 100 Gästen am vergangenen Samstag seinen Abschied vom langjährigen Vereinsvorsitz im Bad Homburger Güterbahnhof gefeiert.
Die Beiträge der Laudatorinnen und Laudatoren zeigten ein facettenreiches Bild des Geehrten und seines ehrenamtlichen Wirkens für Menschen mit Behinderung in der Region. Der 1944 in Teheran geborene Djafari kam 1956 mit seinen Eltern und Brüdern nach Deutschland und wurde später Architekt. Der erste Kontakt mit dem VzF Taunus entstand, als Djafaris zweite Tochter aufgrund einer spastischen Lähmung eine bestimmte Therapie (Bobath-Therapie) benötigte, die die Physiotherapeutin des Vereins in Oberursel anbot. Allerdings stand der Verein, der sechs Jahre zuvor als Selbsthilfeeinrichtung betroffener Eltern gegründet worden war, aus finanziellen Gründen vor dem Aus.
„Es ist keine ganz leichte Aufgabe, das Leben eines Mannes zu würdigen, der im Jahr 1974 einen Verein gerettet hat, der kurz vor der Auflösung stand, und diesen Verein seit nunmehr 48 Jahren als Vorsitzender leitet“, konstatierte Dorothea Henzler, Vorstandsmitglied des VzF Taunus. „Mit unerschütterlichem Optimismus und großem Einsatz hat er sich damals in die Materie der Sozialgesetzgebung eingearbeitet und alle vorhandenen Finanzquellen angezapft. Das Ergebnis dieses langen und intensiven Engagements können wir heute bewundern. Der VzF Taunus gleicht einem mittelständischen Betrieb mit derzeit acht Standorten, insgesamt 469 Mitarbeitenden, weit über tausend betreuten Personen jeden Alters. Wer auf eine Erfolgsstory dieser Art zurückblicken kann, kann wirklich stolz auf sich sein“, so die ehemalige hessische Kultusministerin weiter. „Nasser Djafari sprüht stets voller Ideen, hat manchmal ziemlich skurrile Einfälle, ist immer sehr innovativ und findet für jedes Problem eine verblüffende Lösung.“ Ein Blick in die Geschichte des Vereins sei ein lebendiger Beweis für diesen Tatendrang, meinte Henzler.
1969 wird der VzF Taunus gegründet, 1976 übernimmt Nasser Djafari den Vorsitz. 1978 startet der erste integrative Kindergarten in Oberursel, 1993 beginnt das therapeutische Reiten. 1998 findet mit der Kita-Gründung in Neu-Anspach der erste Schritt über den Taunuskamm hinweg statt. 2001 gründet der VzF die Integrationsfirma GIA Taunus (Gesellschaft für Integration und Arbeit gGmbH), 2003 übernimmt er das Jugendhaus in Neu-Anspach, 2008 gründet er das Kinderförderzentrum Therapeutisches Reiten in Frankfurt-Kalbach. 2012 startet das Betreute Wohnen, 2013 gründet der VzF den Hort im Eichwäldchen. Dann beginnt die räumliche Expansion mit zahlreichen Kitas im Hochtaunus- und Wetteraukreis.
Verone Schöninger, in den 80er-Jahren stellvertretende VzF-Vorsitzende und Nachbarin von Nasser Djafari in Oberursel, hob die Inklusion als besonders verbindendes Thema hervor: „Jedes Kind hat ein Recht auf Gemeinschaft mit anderen Kindern, überall“, betonte die Ehrenvorsitzende des Landesverbandes Kinderschutzbund Hessen. Es sei schön zu sehen, wie sich das Konzept des VzF der gemeinsamen, offenen Erziehung und der Förderungen aller Kinder über die vielen Jahre weiterentwickelt habe und damit zeige, wie gut Inklusion gelingen kann.
Oberursels Bürgermeisterin Antje Runge würdigte in ihrer Videobotschaft Nasser Djafaris Engagement mit Blick auf Inklusion, Integration und Interkulturalität, für die er auch verschiedene Auszeichnungen erhalten hat: 2007 die Bürgermedaille und 2009 die Ehrenmedaille der Stadt Oberursel sowie 2016 die Plakette für Verdienste im Vereinsleben, außerdem 2010 den Bürgerpreis der Stadt Frankfurt für die Einrichtung des Reittherapieangebotes in Frankfurt-Kalbach.
Bad Homburgs Oberbürgermeister Alexander Hetjes hob die Rolles des VzF Taunus als bedeutender Arbeitgeber in der Region hervor und betonte, dass die Vita Djafaris auch ein Musterbeispiel gelungener Integration sei, „ein Beweis, was Migration unserem Land Gutes tut“.
Thorsten Schorr, Erster Kreisbeigeordneter des Hochtaunuskreises, blickte auf seine 25-jährige Bekanntschaft mit Nasser Djafari zurück, beschrieb ihn als zielstrebigen Menschen mit kreativen Ideen zur Lösungsfindung und lobte seinen Beitrag als Lokalpolitiker, engagierter Bürger und Architekt. Schorr hob zudem die Rolle des VzF Taunus in der sozialen Trägerlandschaft des Hochtaunuskreises hervor.
Der ehemalige hessische Sozialminister Kai Klose hat Nasser Djafari 2022 das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland überreicht. In seiner Videobotschaft lobte er Djafaris jahrzehntelangen Einsatz für Menschen mit Behinderung „mit Geduld, Leidenschaft und großer Hingabe“ und erwähnte auch die Auszeichnung Djafaris mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande 1998 sowie seine Einladung als Ehrengast beim Neujahrsempfang des damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck 2017.
Holger Bellino, der als Parlamentsvorsitzender von Neu-Anspach dem VzF und Nasser Djafari seit Jahrzehnten eng verbunden ist, bezeichnete Djafari als Leuchtturm, der Menschen leitet, zusammenführt und Hoffnung gibt und durch sein eigenes Engagement den richtigen Weg zeigt. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion erinnerte auch an den großen Aktionstag des VzF Taunus „Sichert unsere Betreuung“ in Oberursel im Juli letzten Jahres, bei dem eine Petition des VzF zu seinen Händen an den Hessischen Landtag übergeben wurde. Die Vorschläge und Forderungen dieser Petition hinsichtlich politischer Schritte für mehr Erzieher:innen seien mittlerweile in der Umsetzung.
Nasser Djafari dankte in seiner Rede seiner Familie, Freund:innen und Weggefährt:innen, die ihn während seiner langen Jahre als Vorsitzender begleitet haben. Er blickte auf die Anfänge seines Engagements bei VzF Taunus zurück und schilderte einige besonders berührende Begegnungen mit Menschen mit Behinderung oder deren Angehörigen. „Mich haben solche Erlebnisse beflügelt, immer weiter zu machen, auch wenn wir immer wieder vor großen Herausforderungen standen“, betonte Djafari. „Was der VzF heute tut, das ist alles nicht allein auf meinem Mist gewachsen. Es hat sich ergeben, aus Vorschlägen von Mitarbeitenden, aus Impulsen von außen. Ich habe versucht, dafür offen zu sein“, betonte er. Bei vielen Projekten sei auch viel Glück dabei gewesen, und: „Was wir angepackt haben, ist etwas geworden. Eine Portion Mut gehörte immer dazu, und ich danke allen, die in den vergangenen 48 Jahren im Vorstand, als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, als Unterstützerinnen und Unterstützer diesen Mut mit eingebracht haben.“
Nasser Djafari übergibt den Vorsitz des VzF Taunus an Bernd Hruby, der den VzF Taunus als Geschäftsführer 31 Jahre lang geleitet und seit 2021 als Schatzmeister im Vorstand über die Zahlen gewacht hat. Djafari wird den VzF Taunus als Ehrenpräsident weiter begleiten.